Bund Deutscher Cannabis-Patienten e.V.

Bundessozialgericht-Urteil vom 10.11.2022, B 1 KR 28/21 R

Zusammenfassung

Ärztliche Einschätzung

Das Urteil behandelt die Regelungen zur medizinischen Verwendung von Cannabis und die Rolle der Vertragsärzte sowie der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) bei der Entscheidungsfindung über die Genehmigung einer Cannabisbehandlung. Der Kern des Urteils legt fest, dass Vertragsärzte eine „begründete Einschätzung“ abgeben müssen, ob Cannabis als Behandlung geeignet ist, insbesondere unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Standardtherapien und möglicher Risiken wie Suchtverhalten.

Einschätzung durch Kassen und Gerichte

Die Krankenkassen und Gerichte dürfen diese ärztliche Einschätzung nur daraufhin prüfen, ob sie vollständig und nachvollziehbar ist und das Ergebnis nicht völlig unplausibel erscheint. Sie dürfen jedoch nicht selbst die Eignung einer Standardtherapie beurteilen oder ihre Einschätzung an die Stelle der ärztlichen Beurteilung setzen.

Genehmigung und Kostenerstattung

Bei der Genehmigung einer Cannabisbehandlung durch die GKV ist diese nur nach Prüfung und Zustimmung zulässig. Eine rechtswidrige Nichterteilung der Genehmigung durch die Krankenkasse schließt einen Kostenerstattungsanspruch nicht aus, vorausgesetzt, die Anspruchsvoraussetzungen lagen zum Zeitpunkt der Beschaffung vor.

Ärztliche Abwägung bei Sucht

Das Urteil betont die eingeschränkte Überprüfbarkeit ärztlicher Einschätzungen durch Verwaltung und Gericht, besonders in Fällen von vorbestehendem Suchtmittelkonsum oder -abhängigkeit, und die Bedeutung der ärztlichen Abwägung und Kenntnisse über das Konsumverhalten und die Risiken des Patienten oder der Patientin.